Klausel unwirksam, die Zahlung eines Bürokostenvorschusses von einem ungekündigten Handelsvertretervertrag abhängig macht

Ein Handelsvertreter hat nach der Entscheidung des BGH (Urteil vom 5.11.2015 – VII ZR 59/14) nach seiner Kündigung des Vertrages und einer mehrjähriger Kündigungsfrist Anspruch auf den vereinbarten Bürokostenzuschuss, obwohl eine Klausel diesen Anspruch für die Zeit nach der Kündigungserklärung ausschließt.

Der BGH hält eine solche Klausel nach § 89 II 1 Hs. 2 HGB iVm § 134 BGB für unwirksam, weil die Kündigung des Handelsvertretervertrages einzuhaltende Frist für den Unternehmer kürzer war, als die mehrjährige Kündigungsfrist für den Handelsvertreter und dies gegen die Gesetzeslage verstößt.

Daher konnte sich der Unternehmer auf die Klausel, die einen Anspruch des Handelsvertreters auf Bürokostenzuschuss nach einer erklärten Kündigung ausschließt, nicht berufen und musste den Zuschuss bis zum Vertragsende bezahlen.

Der Fall

Das Unternehmen hat dem Handelsvertreter für den erfolgreichen Gruppenaufbau einen „freiwilligen“ Bürokosten- und Organisationsleistungszuschuss zugesagt, auf den nach den vertraglichen Regelungen kein Rechtsanspruch bestand, soweit das Vertragsverhältnis des Handelsvertreters zum Zeitpunkt der Zahlung ungekündigt ist. Der Handelsvertreter hat den Vertrag ordentlich gekündigt und hatte dabei eine Kündigungsfrist von 3 Jahren zu beachten. Das Unternehmen hat ab Erhalt der Kündigung den Bürokostenzuschuss nicht mehr gezahlt. Der Handelsvertreter hat auf Zahlung geklagt und vom BGH Recht bekommen.

Unwirksamkeit wegen Erschwernis der Kündigungsmöglichkeit des Handelsvertreters

Trotz der Klausel, die die Zahlung von einem ungekündigten Vertragsverhältnis abhängig gemacht hat, ist die Pflicht des Unternehmens zur Zahlung des Bürokostenzuschusses nach der Kündigung des Handelsvertreters nicht erloschen. Das liegt nach den Entscheidungsgründen daran, dass die vereinbarte Kündigungsfrist für den Handelsvertreter länger war, als für das Unternehmen. Eine solche Regelung verstößt gegen § 89 II 1 HS 2 HGB und ist daher nach § 134 BGB unwirksam.

Nach der zwingenden gesetzliche Regelung des § 89 II 1 Hs. 2 HGB darf die Kündigungsfrist für den Unternehmer nicht kürzer sein, als für den Handelsvertreter. Diese Schutzvorschrift zu Gunsten des Handelsvertreters soll verhindern, dass dieser einseitig in seiner Entschließungsfreiheit über die Kündigung des Vertrages beeinträchtigt wird, weil er etwa durch die Kündigung Nachteile in Kauf nehmen müsste.

Eine solche unzulässige einseitige Beschränkung kann sowohl unmittelbar in der bloßen Vereinbarung ungleicher Kündigungsfristen, als auch mittelbar durch die Vereinbarung von erschwerenden Nachteile im Falle der Kündigung liegen.

Der BGH hat in der Verknüpfung des Wegfalls des Bürokostenzuschusses für den Fall der Kündigung eine unzulässige Beschränkung gesehen. Denn der Handelsvertreter war nach Erklärung der Kündigung bis zum Ende der Vertragslaufzeit zur vereinbarten Vermittlung der Verträge für den Unternehmer verpflichtet. Der Wegfall des Zuschusses ab Erhalt der Kündigung führte dazu, dass der Handelsvertreter die für sein Büro entstehenden Kosten nun allein aufbringen musste. Die Kündigung des Vertrags führt durch den sofortigen Wegfall des Bürokostenzuschusses zu einer Einkommensminderung. Diese wiederum kann von vornherein Einfluss darauf haben, ob der Handelsvertreter kündigt oder nicht, weil er möglichweise die Einkommensminderung vermeiden will. Das genügt aber für den Gesetzesverstoß und führt dazu, dass sich das Unternehmen eben nicht auf eine solche Klausel berufen kann.

Expertentipp:

Die Entscheidung des BGH ist beachtlich, zumal zu einen nach den Regelungen über den Bürokostenzuschuss darauf gezahlte Leistungen freiwillig sind und ein Rechtsanspruch auf solche Zahlung nicht besteht. Danach dürfte an sich kein Anspruch herzuleiten sein, also auch nicht im Zusammenhang mit der Kündigung. Der BGH stellt aber darauf ab, dass der Handelsvertreter diese Leistungen ohne die Kündigung erhalten hätte und stellt daher auf die rechtsverletzende Verknüpfung der Kündigung mit der Zahlung des Zuschusses ab.

Die Entscheidung betrifft ferner die Unwirksamkeit der Klausel im Zusammenhang mit einer mehrjährigen Kündigungsfrist. Zwar führt die Bindung an vertragsgerechtes Verhalten während einer mehrjährigen Kündigungsfrist allein durch die Dauer und den höheren Ausfall an Zuschüssen zu einer stärkeren Beeinträchtigung, als bei kürzeren Fristen. Aber auch kürzere Kündigungsfristen im gleichen Zusammenhang (als 3 Jahre) dürften unwirksam sein, wenn die Kündigunsfrist jedenfalls für den Handelsvertreter länger ist als für den Unternehmer.

Rechtsanwalt Voigt, Anwalt für Handelsvertreterrecht aus München, empfiehlt bei der Vertragsgestaltung von Handelsvertreterverträgen auf die Gleichschaltung der Kündigungsfristen zu achten. Handelsvertreter sollten bei einseitig längeren Kündigungsfristen, die in Zusammenhang mit kündigungsbedingten Nachteilen stehen, anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen.

Achim Voigt, Rechtsanwalt und Spezialist im Handelsvertreterrecht, München